Persönlicher Ausgangspunkt und auch Inhalt meines "weltwärts"-Vertrages war die Arbeit in dem Projekt "Centro Solidaridad" (40 Wochenstunden), einem Heim für jugendliche Straftäter, salopp ein Jugendgefängnis für Jungs.
Da ich mich hier vor Ort allerdings weit außerhalb des Wirkungsradius' deutscher Verträge befinde und die Leitung des "Centro Solidaridad", für die mein Auftreten in den Mauern des Projekts sehr überraschend war, beim ersten Treffen klargestellt hat, dass ich - wenn überhaupt - nur vier Stunden am Tag gebraucht werde, "helfe" ich jetzt auch im Projekt "Hogar Jesus de Nazareth". Genaueres dazu im folgenden Tagesablauf, der euch die Projekte beispielhaft näher zu bringen versucht:
Nachdem ich um 7:30 Uhr das Haus meiner überaus netten und hilfsbereiten Gastfamilie verlassen habe, versuche ich einen der Kleinbusse (Micros) zu nehmen - welches aufgrund der allmorgendlichen Überfüllung (wenn überhaupt) auf demm Trittbrett, die Hände an den Außengriffen festgeklammert, möglich ist. Mangelnder Komfort wird an dieser Stelle durch den Preis von ca. 12ct pro Fahrt kompensiert. Nun beginnt die 50-minütige Fahrt bis nach Yurac Yurac, dem Stadtteil meiner beiden Projekte.
Dieser periphere Stadtteil ist nahe des Flughafens gelegen und gehört zu den ärmsten Vierteln Sucres: Viele Häuser sind aus selbstgebrannten Lehm-Stroh-Steinziegeln gebaut, an der Hauptstraße gibt es nur ein paar kleine Geschäfte und die Straßen werden von Hunden, Schafen und Schweinen mit ihren Ferkeln bevölkert, dich sich von dem omnipräsenten Müll ernähren.
Angekommen ist das "Centro Solidaridad" (Centrum der Solidarität) schon von weitem an seinen hohen Mauern und dem ständig verriegelten Eisentor zu erkennen - die 14- bis 17-jährigen Insassen dürfen das Gelände nicht selbstständig verlassen. An drei Morgenden der Woche kommen Pädagogikstudenten in das Heim und unterrichten die Jugendlichen, die ansonsten nicht zur Schule gehen dürfen- obwohl einige Analphabeten sind und starke Defizite in den Grundrechenarten haben. Während des Unterrichts versuche ich so gut es geht zu helfen - bin allerdings bis auf donnerstags und freitags (An diesen Tagen erteile ich zwei Stunden Englisch- und Matheunterricht) zumeist nur als Zuhörer aktiv. In dem Unterrichtsraum ist es morgens sehr kalt, da viele Fenster fehlen - wie im ganzen Gebäude. Ab ungefähr zehn Uhr verbringen die Jungs und ich die Zeit entweder mit der Erledigung ihrer Tagesaufgaben (putzen, waschen, aufräumen) oder wir arbeiten zu mehreren auf den Äckern des Heims, deren Planung Landwirtschaftsstudenten übernehmen: Wir verlegen Wege, pflügen die Äcker, bewässern etc. Um 12 Uhr gibt es Mittagessen, das aus einer Gemüsesuppe und einem üppigen Hauptgang besteht. Der köstliche Geschmack- wenn auch wie bei Schweinehaut mit aufgequollenem Weizen z.T. ungewohnt - wird leider ein wenig durch die Abwesenheit von Messer und Gabel getrübt. Ein weiteres Hygieneproblem sind die Hunde des Projekts, die öfterst in das Gebäude urinieren und koten. Für die Jugendlichen, die zum großteil wegen Drogenkriminalität oder Gewaltverbrechen teilweise für mehrere Jahre einsitzen, schreitet der Tag drei Mal die Woche mit weiteren zwei Stunden Unterricht oder ansonsten mit der Erledigung weiterer Aufgaben fort, bis sie abends in ihre Zimmer geschlossen werden. Mein Verhältnis zu den Jungs ist kameradschaftlich und meine Einschätzung von ihnen sehr positiv.
Auf Exkursion zum Mistabholen aus dem nächstgelegenen Dorf |
Und gemeinsam auf einer Messe zum Thema: Geistige Gesundheit |
Das Eingangsschild bei meinen Kleinen |
Der Kicker ist für die Jungs fast so wichtig, wie das richtige Fussballspiel |
Eine Serie vom gemeinsamen Brotbacken |
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