Sonntag, 11. August 2013

Uyuni - die endlose Salzwüste

Uyuni - die endlose Salzwüste


Nach einer viertel Stunde in der Kleinstadt Uyuni lassen die alles bisher gekannte in den Schatten stellende Konzentration von Touristenläden, -bars, -restaurants, Tourismusbüros sowie die lebensfeindliche Nähe zum Salzsee - die beinahe sämtliche Pflanzen zugrunde richtet - und der Eiswind aus "The day after tomorrow" keine Zweifel mehr zu: Wir befinden  uns in einer künstlichen Touristenstadt. Was gäbe es demnach besseres, als eine Tour über den Salzsee, durch die nahen Täler und hin zu den Lagunen sowie heißen Quellen zu buchen?

Der Salzsee, welcher mit über 12.000 km² Fläche der Größte seiner Art ist, vermittelt beim Betreten den Eindruck, in einen dieser Träume versunken zu sein, in denen es dem Träumer überlassen ist, eine Welt mittels seiner Gedanken zu erbauen: Nichts  als weiß weit und breit, nur am Horizont sind ein paar Berge auszumachen, die durch die Reflexion der Sonne jedoch eher Fata Morganas gleichen.


Salzberg aus der obersten Schicht des Salzsees kurz vor seinem Abtransport zur Speisesalzherstellung

Die typischen Bienenwaben: Durch diese Poren "atmet" der Salzsee




In Mitten dieses lebensfeindlichen Salzmeeres - das wegen seiner Lithiumvorräte als der zweite "Cerro Rico" gehandelt wird - taucht plötzliche eine Insel auf: Das versteinerte Korallenriff ist heute Heimat von tausendjährigen Kaktenen, Singvögeln und einem Lama.
Jeder Zentimeter dieser meterhohen Kaktenen bezeugt ein Jahr ihres Lebens

Einige Kilometer weiter findet sich eine weitere Oase in der salzigen Wüste: Der 5400 Meter hohe Vulkan Tunupa. Hier lebten bereits die autarken Voraymarakulturen von der Llama- und Vicuñajagt sowie vom Quinoaanbau. Die Legende besagt, dass sich diese Stämme bei der Ankunft der kriegerischen Aymara vor ca. 800 Jahren in ihren Felshöhlen lebendig begruben - wobei die dank der trockenen Kälte gut erhaltenen Mumien von Tunupa entstanden sein sollen.
Blick vom Fuss des Vulkans

Der Vulkan Tunupa



Eine der Mumien von Tunupa

Zwei Seiten des gleichen Steins:

Die Mischung des christlichen Glaubens (Kreuz) mit der Naturreligion der indigenen Bevölkerung (Sonne als Symbol des Sonnengottes)

So taugt der Salzsee als Leitbild für den menschlichen Geist: Leer, vergangenheitslos, bereit für die Aufnahme von allem Neuen und voller Leben.

Der Rest ist schnell erzählt: Ein Schnitzel, das der beißende Wind vom Teller reißt, über 200 Turisten täglich, gefühlt minus 15 Grad, Hotels aus purem Salz, wilde Lamas, Alpakas und Vicuñas, Schneeverwehungen, umgekippte, eingeschneite Jeeps, das ertragreichste Quinoaanbaugebiet des Planeten, schneeblind, Fotos über Fotos, unser superklasse Führer Miguel, dessen Traum ein eigenes Hotel in Uyuni ist, Koka, Bier und Reggae auf der Rückfahrt, magische Landschaften und Berge mit Wolkenhüten.




Flamingoschwärme in einer der schwefelhaltigen Lagunen

Neue Salzsteine für die Erweiterung eines Salzhotels


Quinoafeld mit einerm der aufgrund ihres hohen Mineralgehalts behüteten Berge

Samstag, 27. Juli 2013

Muyupampa - Landleben auf Bolivianisch


Muyupampa - Landleben auf Bolivianisch


Muyupampa, was übersetzt "runde Ebene" bedeutet und das von Bergen eingekesselte Dorf geographisch passend beschreibt, ist das Ziel unserer zwölfstündigen Bus- und zeitweise Autofahrt über ungeteerte Pisten und durch etliche Fuhrten hindurch. "Wir" sind meine Gastmutter Shirley, meine Volontärsgastschwester Barbara und kein Mal dürft ihr raten wer noch. Wir lernen die weitläufige Verwandtschaft meiner Gastmutter kennen und werden so herzlich wie zwei nach langer Zeit zurückgekehrte Familienmitglieder aufgenommen, bringen auf den Festspielen zu Ehren der Dorfpatronin als einzige Ausländer im Dorf in Erfahrung, dass Kunsthandwerk nicht nur für Touristen praktiziert wird, sehen zum ersten Mal Stierrodeo, trinken morgens direkt ins Glas gemolkene Milch mit Alkohol - das traditionelle  Frühstück in der Gegend -, bekommen Rindfleisch serviert, das seinem argentinischen Pendant in nichts nachsteht, und genießen den langsameren Fluss der Zeit sowie die überall greifbare Natur.



Massenkreuzigung im Namen des leiblichen Wohles


Unsere Gastmutter Shirley


Wurstzubereitung



Die wohl wirckungsvollste Waffe im Krieg gegen Paraguay: Ausgehöhlte Stachelbäume

Mein persönlicher Höhepunkt ist jedoch die zweitägige Motoradtour auf den Routen Che Guevaras mit über 40 Motorrädern, die z.T. sogar aus den Nachbardörfern angereist sind: Am Wegesrand riesige Zuckerrohr- und Maisfelder, Bananenplantagen und Orangengärten, über uns Schwärme von farbenprächtigen Papageien, die mit dem Begleitpickup bei voller Fahrt tanzen, exzessives Kokakauen, unzählige Motorradreperaturen auf dem Weg, unter uns sandige Flussbetter, fruchtbare Schwarzerde, rote Steinböden, bei jedem Halt trinken die Fahrer Bier oder Schnaps, der Pickup bleibt im Fluss stecken und wird mit vereinten Kräften befreit, el Rio Grande - der größte Fluss, den ich in Bolivien zu Gesicht bekommen habe -, Halten in allen noch so kleinen Dörfern am Wegesrand, Hilfsbereitschaft (ayudar sin preguntar a quien - helfen ohne zu fragen wem), Rodrigo - der elfjährige Krankenwagenfahrerssohn, der Rennfahrer werden will und stolz auf seine erste Freundin ist, Frühstück für 2,50 Bolis (ca. 28ct), stolze Bauern, die um elf Uhr Mittags über den Dorfplatz torkeln, Nächtigung in einer Dorfschule, etliche Stürze, alle Menschen kommen an den Straßenrand und begrüßen uns, Lagerfeuer, zehn Jahre alte Fahrer, die Milchstraße in ihrer vollen Pracht, ehrliche und unglaublich hart arbeitende Männer und Frauen, Interesse und Aufgeschlossenheit gegenüber allem Neuen.












Betankung der Motorräder
El Rio Grande - der grosse Fluss

Der einzige Schweisser im Umfeld von 5 Stunden

Das menschliche Motorrad

Die beste Erfrischung während der Fahrt: Ein kühles Bier